Untat by Rohm

Autor:Rohm
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-04-22T00:00:00+00:00

3

Irgendwann gegen Morgen, die Dämmerung löst die Nacht langsam ab, weckt uns unsere zum Bersten gefüllte Blase.

Wie Diebe schleichen wir die Treppe nach unten. Und als wäre sie plötzlich auf unserer Seite, oder als wolle sie Oscars Schlaf nicht stören, ist kein Ächzen und kein Stöhnen zu hören.

Vorsichtig öffnen wir die Haustür, die zum Glück unverschlossen ist.

Eilig springen wir über den Hof und entleeren uns auf einen Strauch.

Freiheit kann sich in vielen Formen äußern. Auch in solchen.

Wir müssen an das Mädchen denken.

Auch sie muss vielleicht pinkeln. Wir werden Oscar auf diesen Umstand hinweisen.

Er kann ihr einen Topf hinstellen.

Wie nur soll sie den, gefesselt wie sie ist, benutzen?

Eine Entführung wirft viele Fragen und Probleme auf, die uns eigentlich nichts angehen sollten.

Hinter der Tür, die in den Keller führt, ist ein Lichtschein auszumachen.

Wir bleiben kurz stehen, wollen schon die Tür öffnen, da wir vermuten, Oscar habe einfach vergessen, es auszuschalten, da hören wir seine gedämpfte Stimme.

Wir sind überzeugt, uns verhört zu haben, denn warum sollte er »Mein kleiner Liebling« zu dem Mädchen sagen?

Er wird sie über ihre Eltern befragen. Sie beruhigen. Irgendetwas in der Art zumindest.

Und doch sollten wir jetzt etwas tun. Oscar braucht seinen Schlaf. Die nächsten Tage werden mehr als anstrengend für ihn werden.

Warum haben wir eigentlich nicht die Toilette hier unten benutzt? Weil wir Oscar nicht wecken wollten.

Aber nun, da wir wissen, dass er überhaupt nicht schläft, sollten wir uns auch noch an einem größeren Geschäft versuchen.

Verstopfung!

Wir können drücken, wie wir wollen, es tut sich nichts.

Oscar ist noch im Keller.

Wir summen ein Lied und bewachen abwechselnd die Toilettentür. Eine sinnlose Tat, denn wer, außer Oscar, sollte hier schon vorbeikommen?

Schließlich spülen wir das bereits wischbereit von uns in der Hand gehaltene saubere Toilettenpapier in die röchelnde Rohrleitung hinab.

Wir spülen immer und immer wieder, wollen wir doch sicher sein, keine Verstopfung dieser alten Rohre zu produzieren.

Natürlich scheinen wir überrascht, als Oscar plötzlich vor uns steht.

»Was macht ihr denn da?«, schnauzt er uns an.

Wir erklären ihm unser Bedürfnis.

»Scheißen hättet ihr auch noch am hellen Tag können«, sagt er mit harter Stimme. »Schlaft jetzt!«

Wir nicken ergeben und bitten ihn darum, uns zu folgen. Denn auch er bräuchte seinen Schlaf. Er solle da mal nicht mit seiner Gesundheit spielen.

»Ich habe noch zu tun«, sagt Oscar und beobachtet unseren Treppenaufstieg.

Wir schleichen ins Zimmer hinein, bleiben aber in der Türöffnung stehen und horchen.

Oscar steht unten und horcht ebenfalls.

Selbst Wind und Fluss horchen.

Eine vollkommene Stille, die nach einer Stecknadel verlangt.

Wir wagen kaum zu atmen.

Schließlich hören wir ihn doch. Oscar geht in den Keller zurück.

Er schließt die Tür hinter sich und lässt uns mit unseren Gedanken zurück, denen wir jetzt nachhängen, über die wir nicht reden, die wir als zu gefährlich für das ausgesprochene Wort erachten.

Solche Gedanken muss man schlucken, man muss sie im Bauchraum behalten, man muss auf den Magen und den Darm hoffen. Man muss solche Gedanken sich zersetzen lassen.

Solche Gedanken dürfen einzig nur in einer Kloschüssel enden.

Wir liegen mit offenen Augen da und starren unsere fantastischen Projektionen an.

Wir beruhigen uns nur langsam.

Oscar würde sich ja nur um die Wunde kümmern, erzählen wir uns schließlich.

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